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Text-Snippets zum Weltfrauentag: "Unsere Wege zum Feminismus"



Zum Internationalen Frauentag am 08. März haben unsere Freundinnen* vom Blog Populärkollektiv uns gefragt, Geschichten aufzuschreiben, wie wir zum Feminismus gekommen sind. Eine Geschichte ist von Boob Books-Initiatorin Jana und eine von einer Freundin, die anonym bleiben will.


Jana: "Ein Gewirr von Linien"

Sexistische Kommentare der männlichen* Verwandtschaft bei Familienfeiern. Diskussionen um gendergerechte Schreibweisen auf der Arbeit. Die Begrenzung der von Frauen* verfassten Literatur im Studium auf eine Vorlesungssitzung – maximal. Bei uns Initiatorinnen des feministischen Literaturblogs Boob Books gab es nicht den einen, geradlinigen Weg zum Feminismus. Vielmehr war es ein Gewirr von Linien, die sich aus unterschiedlichen Bereichen des privaten und gesellschaftlichen Lebens entsponnen. Diese Linien bündelten sich in unserer Liebe zur Literatur.


Schaut man sich an, wie viele Bücher von Autorinnen* herausgegeben, kritisch besprochen und prämiert werden, herrscht nach wie vor ein Ungleichgewicht in der (deutschen) Literaturszene. Aufatmen, denn es wird besser: Immer mehr Kritikerinnen* sitzen in Buchpreis-Jurys, immer mehr Frauen* und Männer* besprechen Werke von Autorinnen*, immer mehr Aufmerksamkeit gibt es zum Beispiel auf den sozialen Medien für die bestehende Schieflage. Doch wir sind noch lange nicht am Ziel. Begrifflichkeiten wie „Frauenliteratur“ oder „Frauenzeitschriften“ halten sich hartnäckig. Manche Buchhandlungen bieten nach wie vor pinkfarbene Ecken mit Mädchen*-Büchern an. Mit Boob Books wollten wir ein Zeichen setzen für diese kritische Awareness, in dem wir ausschließlich Bücher und sonstige Werke von Autorinnen* besprechen. Wir interviewen nur Schöpferinnen* von Literatur. Unsere Rezensentinnen* sind weiblich* – bis hierhin, auch wenn wir uns freuen würden, wenn in Zukunft auch mehr Männer* feministische Bücher besprechen. Es gibt noch viel zu tun, viel zu lesen und viel zu rezensieren. Anonym: „Du einen Baum umarmend. Von hinten. Nackt.“


„Du einen Baum umarmend. Von hinten. Nackt.“ Das ist eine Nachricht, die ich von einem DAX-Konzern Mitarbeiter per Messenger-Dienst bekam, nachdem wir uns nach wochenlangem Online-Sparring zum ersten Mal in Präsenz getroffen hatten. Mir ist bewusst, dass diese Nachricht aus dem Kontext herausgerissen ist, deshalb von vorne.

Ich bin eine Frau und 24 Jahre alt. Ich habe große Visionen. Für unsere Gesellschaft und die Art und Weise wie wir in Zukunft wirtschaften und miteinander umgehen sollten. Ich besitze einen riesigen Tatendrang und bin sehr offen im Umgang mit neuen Menschen. Mit meinem Leidenschaftsthema, nämlich der Wirtschaftstransformation, beschloss ich deshalb vor einigen Wochen auf der sozialen Business-Vernetzungsplattform LinkedIn aktiver zu werden und erreichte direkt von Anfang an mit meinen Beiträgen eine Menge Menschen.

Bisher zählte ich mich immer zu der Kategorie junge Frau, die nicht kompliziert sein möchte. Die gefallen möchte, viel lacht und den Kopf im richtigen Moment schief legt. Dass diese Verhaltensweisen aber dazu führen können, dass (junge) Frauen* von gewissen (männlichen*) Gegenübern nicht als Partnerinnen auf Augenhöhe wahrgenommen wird, sondern bis zu einem gewissen Grad als schön anzusehendes Accessoire, mit dem Mann* sich gut blicken lassen kann, wenn es dann noch halbwegs gebildet ist und sich ausdrücken kann, musste ich auch erfahren. Nach einigen Online-Meetings durch den ersten LinkedIn-Kontakt traf ich also besagten Mitarbeiter von oben in der Zentrale seines Konzerns, in der Annahme, dass wir uns über unsere Ideen und Möglichkeiten der Zusammenarbeit austauschen würden. Ja, wir tauschten uns aus. Ja, die Stimmung war gelöst und freundschaftlich. Und ja, ich fühlte mich zu keinem Zeitpunkt bei dem Treffen unwohl. Bis mein Gegenüber obiges Zitat zum ersten Mal verbal aussprach, als Idee für ein Promo-Video. Ich dachte, mich verhört zu haben. Es ist nicht nur das Wort „nackt“, das in einem solchen Kontext absolut nichts zu suchen hat, sondern vielmehr die Bilder, dir vor dem inneren Auge meines Gegenübers abgelaufen sein mussten. Meine Reaktion? Kopf schief legen und lachen, denn sonst wäre die gelöste Stimmung ja vorbei gewesen.

Das schlimme an der Geschichte? Ich suchte die Schuld bei mir. War ich zu naiv? Hätte ich nicht sofort was sagen können oder sollen? Führte ich uns in diese Situation hinein? Ich möchte an dieser Stelle ganz klar kein Männer*-Bashing betreiben. Ich bin vielmehr davon überzeugt, dass es sowohl auf Frauen*- als auch auf Männer*-Seite Verhaltensweisen gibt, denen wir uns nicht bewusst sind, weil wir sie als normal empfinden. Trotzdem müssen wir Frauen* damit aufhören, bei sexuellen Belästigungen jeder Art die Schuld bei uns zu suchen. Nachdem ich zwei Tage später mit einer Freundin über den Vorfall gesprochen hatte, entschied ich mich dafür, den Mitarbeiter damit schriftlich zu konfrontieren. Auch wenn dieser stark zurückruderte und sich entschuldigte, werde ich wohl nie erfahren, welche Intentionen er tatsächlich hatte. Ich konnte das Erlebnis für mich seitdem verarbeiten und im Falle von guten Intentionen dem Mitarbeiter die Möglichkeit geben, sein Verhalten und seine Worte kritisch zu reflektieren. Deshalb mein Aufruf an dieser Stelle zum Weltfrauentag: Sprecht über Vorfälle dieser Art mit einer Person eures Vertrauens. Es fängt mit dem Ausnutzen impliziter Machtgefälle an, denen wir uns entgegenstellen müssen. Und zwar als Frauen* und als Männer*.

Die Geschichten, wie die Bloggerinnen* vom Populärkollektiv zum Feminismus gekommen sind, könnt ihr hier nachlesen: https://populaerkollektiv.com/2022/03/04/storytime-unsere-wege-zum-feminismus/


Foto Credits: Populärkollektiv

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