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"Heimkehren" von Yaa Gyasi



Worum geht’s?

Heimkehren ist ein sprachgewaltiges Buch, das sich über insgesamt acht Generationen vom Ghana des 18. Jahrhunderts bis hin zur US-amerikanischen Gegenwart erstreckt. Die beiden Schwestern Effia und Esi werden zu Beginn der Geschichte als Kinder in Ghana getrennt und lernen sich nie kennen. Daraus entwickeln sich zwei verschiedene Handlungsstränge und Familiengeschichten. Effia heiratet einen Engländer, der mit Sklavenhandel sein Geld verdient. Ihre Nachfahren bleiben in Ghana und sind mal Opfer, mal Profiteure vom Sklavenhandel. Esi hingegen wird als Sklavin nach Amerika verkauft. Ihre Kinder und Enkelkinder kämpfen in den Südstaaten ums Überleben. In jeder Generation wird jeweils ein Schicksal aus dem Stammbaum der beiden Schwestern erzählt. Die zentralen Themen des Romans und auch die tragischen Gemeinsamkeiten der erzählten Einzelschicksale sind: Gewalt, Sklavenhandel, Machtgier, Frauenhass und Rassismus. Die Geschichte von Effia und Esi und die ihrer Nachkommen umspannt mehrere Generationen, durchstreift verschiedene Länder und ist fantastisch geschrieben - und das alles auf nur 416 Seiten.

„Sein Vater hasste die Weißen abgrundtief. Es war ein Hass wie eine mit Steinen gefüllte Tasche, ein Stein für jedes Jahr, in dem die Ungleichheit weiterhin die Norm in Amerika war. Diese Tasche trug er immer mit sich.“ („Heimkehren“ - Yaa Gyasi)

Gelesen auf: Deutsch

Nase zwischen den Seiten: 8 Abende

Seitenanzahl: 416

Preis: 22,00€ (D)

Erschienen im August 2017 beim DuMont Buchverlag

ISBN: 978-3832164607


Tipps & Tits

Super hilfreich: Auf den letzten Seiten des Buches ist ein Stammbaum der Familie abgedruckt. Es lohnt sich auf jeden Fall, ab und zu dort einen Blick darauf zu werfen. Ich war manchmal etwas verwirrt von den Verwandtschaftsverhältnissen und habe den Stammbaumüberblick erst sehr spät bemerkt.


Boobscore: 4 von 5 Boobs ( • ) ( • ) ( • ) ( • )

Ich bin wirklich restlos begeistert von Heimkehren, nicht zuletzt durch die andersartige Erzählstruktur. Nicht jeder Erzählstrang wird nämlich zu Ende erzählt - Das ist manchmal wirklich schade, weil man doch gerne wissen würde, wie sich das Leben der Figuren entwickelt. Aber da man im nächsten Kapitel dann immer über die nachfolgende Generation liest, füllen sich die meisten Lücken. Spannend ist auch, dass der Sklavenhandel von so vielen Blickwinkeln beleuchtet wird. Manche Familienmitglieder sind Sklaven, manche profitieren vom Handel mit Menschen.

Die Frauen* in Heimkehren erleiden Qualen, werden unterdrückt, verkauft und vergewaltigt. Immer wieder müssen die jeweiligen Generationen gegen die aktuellen Probleme und Unterdrückungsmechanismen ihrer Zeit kämpfen. Gerechtigkeit und Gleichheit entwickeln sich nur langsam und sind, wenn man auf den letzten Seiten des Buches in der Gegenwart ankommt, immer noch nicht vollständig erreicht.


„Marjorie hatte die Geschichten über die Narben an den Händen und Füßen ihrer Großmutter und über die Narbe im Gesicht ihres Vaters gehört. Sie wusste, warum die Leute in Edweso sie die »verrückte Frau« genannt hatten, aber für sie war ihre Großmutter nie verrückt gewesen. Die alte Dame hatte Träume und Visionen.“ („Heimkehren“ - Yaa Gyasi)

So viel Lob und trotzdem nur 4 von 5 Boobs im Boobscore? Das Buch ist eben kein typisches feministisches Manifest. Auch werden nicht nur Schicksale weiblicher Nachfahren der beiden Schwestern Effia und Esi erzählt, sondern auch die männlicher Nachkommen. Dennoch gewinnt man einen Einblick in das Leid schwarzer Frauen*, sowohl in Ghana als auch in den USA über eine lange Zeitspanne hinweg. Die Geschichte erzählt historische Begebenheiten nach und ist daher unfassbar lehrreich. Die Themen sind belastend, erdrückend und dennoch so unglaublich wichtig in ihrer Aufarbeitung.


Literarisches Feuerwerk?

Auf jeden Fall! Die klare und schnörkellose Sprache hilft dabei, die brachiale Gewalt auszuhalten und sich dem Thema mit Konzentration zu widmen.


Stoff zum Nachdenken

Ich musste nach der Lektüre erst mal eine Lesepause machen, um Heimkehren zu verarbeiten. Die Schicksale sind so bedrückend, gleichzeitig aber auch so interessant und eindringlich. Ich habe bei der Lektüre viel gelernt.


Bestes Geburtstagsgeschenk für…

… Freund*innen mit starken Nerven! Heimkehren ist kein Zuckerschlecken und definitiv kein Buch, mit dem man im Café sitzend ein bisschen schmökert und danach lachend drüber plaudert. Es ist etwas anstrengend und zieht einen vielleicht auch manchmal runter, aber es lohnt sich trotzdem!


Happy Hour

Klingt vielleicht langweilig, aber am besten Tee oder Wasser. Man muss einen klaren Kopf behalten, wenn man dieses Buch liest.


Zu dieser Lebenslage passt das Buch

Wenn man keine Lust mehr hat, die Augen vor Rassismus und Frauenhass zu verschließen. Das Buch ist keine leichte Kost, eignet sich also nicht dafür, wenn man einfach mal abschalten möchte. Aber es passt sehr gut, wenn man etwas über die Geschichte des Sklavenhandels in Ghana und Amerika lernen möchte.


A little Bio never killed nobody

Yaa Gyasi wurde 1989 in Ghana geboren, wuchs aber in den USA auf, wo sie heute noch lebt. An der Stanford University in Kalifornien hat sie Englische Literatur studiert. Heimkehren ist ihr Debütroman, für den Gyasi unter anderem von der National Book Foundation die Auszeichnung "5 under 35" erhielt. Die umfassenden Recherchen für Heimkehren zogen sich insgesamt über ganze sieben Jahre. Und es hat sich auf jeden Fall gelohnt!


Das ist unsere Gastbloggerin Luzie:

Während mich meine Mutter als Kind immer zwingen musste zu lesen, habe ich nach dem Abitur eine regelrechte Lesemanie entwickelt. Von Romanen, über Sachbücher bis hin zu Comics lese ich alles gerne. In meinem Germanistikstudium habe ich den Fokus auf Neuere Deutsche Literaturwissenschaften gelegt. Die feministischen Comics von Liv Strömquist sind gerade meine absoluten Favoriten.

Neben meinem Studium arbeite ich noch in einem Theater in Düsseldorf, bepflanze meinen winzigen Balkon mit viel zu vielen Kräutern und Nutzpflanzen und lasse mich gerne von meinem Freund bekochen.


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