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"Alte weiße Männer: Ein Schlichtungsversuch" von Sophie Passmann



Worum geht’s?

Alte weiße Männer: Ein Schlichtungsversuch ist eine Sammlung von Begegnungen zwischen Sophie Passmann und Männern aus den verschiedensten Bereichen der deutschen Gesellschaft - zum Beispiel aus Politik, Sport, Entertainment und den Medien. Im Interview-Style befragt Sophie Passmann ihre Gegenüber dazu, ob sie aus ihrer eigenen Sicht in diese Kategorie “alte weiße Männer” fallen, wie sie zum Thema Feminismus stehen und wie man idealerweise verhindern kann, dass man selbst zum “alten weißen Mann” wird oder andere davon abbringt, sich in die Richtung zu entwickeln. Und am besten noch die ganze Gesellschaft von dieser Kategorie Mann befreit. Sophie Passmann spricht u. a. mit dem Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert, mit dem Sternekoch Tim Raue, mit dem Alt-68er Rainer Langhans und mit dem Sportjournalisten Marcel Reif.


"Wir betreiben jetzt schon so eine Art fortgeschrittenen Feminismus, denn [Robert] Habeck versteht etwas ganz Zentrales, das man anderen Männern nur mit viel Glück und Gutzureden in den Kopf bringt: Jeder Mann ist sexistisch" ("Alte weiße Männer - Sophie Passmann)

Gelesen auf: Deutsch

Nase zwischen den Seiten: 9 Abende

Seitenanzahl: 288

Preis: 12,00€ (D)

Erschienen im März 2019 beim Kiwi Verlag

ISBN: 978-3462052466


Tipps & Tits

Den ein oder anderen Mann, den Sophie Passmann interviewt, musste ich erst mal googeln. Dabei hat sich herausgestellt: erst mal den Abschnitt lesen, dann suchen, wer das eigentlich ist. Dadurch beeinflusst man seinen eigenen Leseeindruck nicht so sehr und kann alles frisch auf sich wirken lassen.


Boobscore: 4 von 5 Boobs ( • ) ( • ) ( • ) ( • )

Hier würde ich gerne mal einen halben Boob vergeben, also 3,5 Boobs. Warum? Weil ich beim Lesen das Gefühl hatte, zumindest in den Passagen, in denen Sophie Passmann über ihre Interaktionen mit ihren Interview-Partnern reflektiert, dass sie häufiger mal nicht kritisch widerspricht, sondern das Gesagte ihres Gegenübers einfach stehen lässt. Das hat mich manchmal ein wenig enttäuscht, weil ich mir gewünscht hätte zu lesen, was sie dem arroganten Geplapper von Rainer Langhans entgegenzusetzen hat. Bei Tim Raue im Sternerestaurant isst Sophie Passmann dann eben das “signature dish” (= Ente Peking), obwohl sie Veganerin ist, weil sie “keine Umstände machen will”. Sie ist so wunderbar feministisch und auf großer Mission unterwegs, aber in den entscheidenden Momenten stört sie dann doch nicht genug, jedenfalls meines Erachtens. Andererseits - vielleicht will Sophie Passmann auch genau das: nicht jedes Mal ihre ganze Energie zusammennehmen, um den besagten Männern Kontra zu geben. Manche haben die ihre Energie gar nicht verdient und es wäre auch reine Verschwendung. So viel dazu. Trotzdem, und das will ich an der Stelle betonen, ist das ein super Buch voll wahnsinnig relevanter Reflexionen.


"Wenn [Kai] Diekmanns Theorie stimmt und Geschlechterkonflikte eine Generationensache, damit auch eine Frage der Zeit sind, müsste ja in Zukunft alles besser werden. ... Was für eine schöne Vorstellung." ("Alte weiße Männer" - Sophie Passmann)

Die Auswahl der Männer ist sehr unterschiedlich, aus allen Bereichen bekommt man etwas mit, viele Seiten kommen zu Wort. Sophie Passmann weiß auch meistens absolut klug und geschickt, viele der Dinge kritisch zu hinterfragen, welche die Männer so von sich geben, und das im Buch auch direkt beißend zu kommentieren. Außerdem: Hut ab dafür, diese Dinge auch genauso abzudrucken, da vermutlich nicht all die interviewten Männer damit happy gewesen sind. Also, aus feministischer Perspektive super relevant; ich hätte mir das Buch auch gut als Blog oder Podcast vorstellen können, weil ich gerne noch weitere “Folgen” gehabt hätte. Und, was ich ganz besonders an dem Format von Passmann mag: Sie sucht den Dialog. Sie stellt sich nicht einfach hin und sagt: “Es gibt immer noch zu viele alte weiße Männer in Machtpositionen in Deutschland”. Sie redet mit Männern in diesen Machtpositionen und schafft so ein Verhältnis von Verständnis auf beiden Seiten. Danke dafür!


Literarisches Feuerwerk?

Kein hochstilistisches Werk, aber das muss es auch gar nicht sein. Flott geschriebener, journalistischer Text, in dem Sophie Passmann gekonnt zwischen tiefreichenden Gesprächsfetzen und Einblicken in ihre jeweilige Essensauswahl wechselt. Macht Spaß, man kann sich in jede Situation gut hineindenken.


Stoff zum Nachdenken

Was bei mir echt hängen geblieben ist nach der Lektüre ist die Konfrontation damit, mit welcher Attitüde so manch bekannter Mann der deutschen Öffentlichkeit sich mit dem Thema Feminismus befasst. Das Buch ist echt eine Meinungs-Wundertüte aus absoluter Verneinung über gelangweiltes Abtun bis hin zu weitsichtiger Offenheit. Aber man fragt sich schon, wie es sein kann, dass eben genau diese Männer mit dem rückwärts gewandten Blick auf diesen Machtpositionen sitzen (außer bei Kai Diekmann, da wundert einen gar nichts). Und mir wurde wieder einmal bewusst, wie wichtig das Thema "Netzwerken" ist und dass wir darüber noch öfter reden müssen: uns empören über Männernetzwerke, zu denen man als Frau ohnehin keinen Zugang erhält, und daraus lernen, wie wir Frauen das durch mutual support noch besser machen können.


Bestes Geburtstagsgeschenk für …

… alle, die sich für das Thema Feminismus interessieren und sich vom provokanten Titel nicht abschrecken lassen. Außerdem alle, die Lust haben zu lesen, wie denn einige der bekanntesten männlichen Gesichter der deutschen Öffentlichkeit zum Thema Frauenbewegung und Gleichberechtigung stehen.


Happy Hour

Zu jeder Episode gab’s einen neuen Drink: Wein bei Tim Raue, Limo bei Claus von Wagner, frischer Ingwer-Tee zu Robert Habeck. Hat sich für mich stets aus der Stimmung der jeweiligen Kapitels ergeben.


Zu dieser Lebenslage passt das Buch

Wart ihr schon mal an dem Punkt, dass ihr euch gedacht habt, so, jetzt hab ich erst mal genug Literatur mit feministischem Schwerpunkt gelesen? (Antwort: probably not …, wenn ihr nicht gerade diesen Blog lest oder schreibt. Dann vielleicht nicht) Aber ansonsten passt das Buch echt zu allem, weil es gute Laune macht, zum Nachdenken anregt und man die Kapitel echt prima portionsweise lesen kann.


A little Bio never killed nobody

Sophie Passmann ist echt noch blutjung mit ihrem Jahrgang 1994. Sie trat erst deutschlandweit bei Poetry Slams auf, bevor sie sich weiterhin auf Bühnen als Comedian und Autorin hervortat. Sie ist Teil des Ensembles beim Magazin Neo Royale next to Jan Böhmermann. Sophie Passmanns Kolumnen erscheinen bei NEON und im ZEITMagazin. Lest mal rein bei “Alles oder nichts”. Im Juli startete ihr neuer Podcast „Jubel & Krawall“ mit Matthias Kalle, in dem sie alles diskutieren, was gerade so in der Popkultur los ist: von aktueller Mucke hin zu Büchern und was eben sonst noch so da draußen ist. Außerdem ist sie auf Social Media aktiv unterwegs im Zeichen des Feminismus.


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